Ausstellungskatalog, Hrsg. von Lothar Gall. Sigmaringen 1994.
Die Stadt Frankfurt am Main hat zur 1200-Jahrfeier eine große historische Ausstellung durchgeführt. In diesem Zusammenhang entstand der Ausstellungskatalog „FFM 1200 – Traditionen und Perspektiven einer Stadt“. Die Ausstellung hat den Charakter der Stadt aus ihrer zentralen Lage in der Mitte Europas erschlossen. Der Ort besaá bereits um 700 eine hohe Bedeutung. Spätestens mit der europäischen Synode 794 wertete Karl der Große Frankfurt zu einem der wichtigsten Plätze des Reiches auf. In den folgenden Jahrhunderten entwickelte das selbstbewußte Frankfurter Bürgertum die Messe zu einem Zentrum des europäischen Handels, das Menschen aus allen Ländern Europas anzog. Später nahm die Stadt zusätzlich reformierte Glaubensflüchtlinge auf. Es existierten nicht weniger als sieben große Religionsgemeinschaften. Eine weitere Besonderheit ist die Kette erfolgreicher politischer Auseinandersetzungen: Die Kaufleute und Handwerker unterbanden eine Alleinherrschaft des Rats. Nach 1800 erweiterte sich der Kreis der politisch Berechtigten bis zur vollständigen Emanzipation der Juden.
Reichtum und Selbständigkeit waren Grundlage für das besonders ausgeprägte Mäzenatentum der Stadt und die Entfaltung der Eigeninitiative der Bürger. Eigentliche „Fabrikstadt“ wurde Frankfurt nie, doch trat es sehr früh mit technischen Innovationen hervor. Um 1890 wurde in Frankfurt der weltweite Durchbruch für die Elektrotechnik erzielt. Der jahrhundertelange politische Reformprozeß hatte selbstbewuáte bürgerliche Gruppen hervorgebracht, die Konflikte im Stadtparlament und in autonomen Bürgerbewegungen austrugen. Die Arbeiterbewegung formierte sich in den neunziger Jahren und wurde früh über ein umfangreiches Angebot kommunaler Sozialpolitik integriert. Die Stadt stand aber nicht nur für Liberalität und Toleranz, sondern auch für Beschrankung, Reformverweigerungen und Diskriminierungen. Auch in Frankfurt brannten 1938 die Synagogen und verlief die Vernichtung der jüdischen Gemeinde parallel zur Vernichtung der Juden in Deutschland.
Nach 1945 führte die Diskussion um einen Neuanfang – symbolisiert in der Paulskirche – zurück zu den Traditionen der Stadt. Gleichzeitig erforderte der Ausbau zu einem modernen Wirtschaftszentrum eine grundlegende Erneuerung der Infrastruktur im gesamten Rhein-Main-Gebiet, ein Ausbau, der nicht ohne Widerspruch blieb. Konsens und Konflikt ziehen sich also bis heute durch die Geschichte der Stadt und sind Kennzeichen ihrer Pluralität.
Der Katalog gliedert sich, dem Aufbau der Ausstellung folgende, in folgende Abteilungen:
- Von der Furt der Franken zur Pfalz der Staufer (ca. 500–1150).
- Bürgerstadt (ca. 1150–1500)
- Messestadt (ca. 1150–1800).
- Fremde und Bürger (ca. 1500–1800).
- Wahl und Krönung (1152–1803)
- Entgrenzung und Entfestigung: Vom Aufbruch aus der ständischen Welt zur
„Hauptstadt der Demokratie“ (1800–1866).
- Transformation zur Großstadt (1866–1918).
- „Bollwerk der Demokratie“. Frankfurt in der Zeit der Weimarer Republik
(1919–1933).
- „Stadt des deutschen Handwerks“. Frankfurt in der Zeit des Nationalsozialismus
(1933–1945).
- Die moderne Großstadt (1945 bis heute).